Es ist der beeindruckendste Tempel, den die Menschheit je für einen Gott errichtet hat. Es ist ein Ort, der unsere Seele berührt, voller Spiritualität und Mystik. Mittlerweile hat der Dschungel die Herrschaft über die meisten der Tempel übernommen und Angkor Wat scheint ein Ort fernab unserer kühnsten Vorstellungen zu sein.
Eine einmalige Tempelanlage, die einst das Herz des mächtigen Khmer-Reiches war. Die Ruinen von Angkor, das zu seiner Glanzzeit aus zahlreichen Stadtbezirken bestand, sind den Kräften der Natur unterlegen. Mächtige Wurzeln und Zweige haben die Mauern erdrückt und Steine durchbrochen. Der einstige menschliche Siedlung wurde von der Pflanzenwelt des Dschungels zurückerobert.
Das grösste religiöse Bauwerk der Welt
Im europäischen Bewusstsein wurde Angkor Wat durch den französischen Entdecker Henri Mouhot bekannt. Er beschrieb seine Entdeckung als die gewaltigste aller Zeiten und meinte: «Es übertrifft auch die antiken Städten Roms und Griechenlands.» Die damals vorherrschende koloniale Ideologie liess die Vorstellung jedoch nicht zu, dass die Khmer ein solches Bauwerk hätten erschaffen können, und so machten sich die französischen Kolonialherren lange Zeit auf die Suche, wer die Urheber dieser Hochkultur gewesen sein könnten. Beim Blick auf die geheimnisvollen Türme oder die unendlich langen Wandreliefs kommt man nicht umhin zu fragen, wer König Suryavarnam II. war, der im Jahr 1113 den Thron Angkors eroberte? Ihn beschreibt eine Stelen-Inschrift: «Er verliess das Meer, seine Krieger auf dem Schlachtfeld, und stürmte auf den Kopf des Elefanten des feindlichen Königs zu, den er tötete, wie ein Garuda auf einem Berghang eine Schlange tötet.» Suryavarman II. war also ein grosser Krieger. Zudem erwies er sich als energischer Aussenpolitiker und demonstrierte nach innen seine Macht durch das Bauwerk Angkor und das grösste religiöse Bauwerk der Welt: Angkor Wat.
In seiner Funktion als Sakralbau ist Angkor Wat (gebaut zwischen 1113 und 1150) ein Spiegel des Kosmos. Hier ist die Welt ein Viereck, umgeben von Gebirgsketten. Berg Meru in der Mitte thronen die Götter. Der Tempel im Mittelpunkt mit seinen fünf Türmen symbolisiert den mythischen Göttersitz. Majestätisch überragen die Areals. Sie bilden das Zentrum des Khmer-Reiches und versinnbildlichen den Berg Meru. Die Umfassungsmauern der Anlage symbolisieren das Weltengebirge und zunächst die gewaltigen Dimensionen. Die Gesamtanlage von Angkor Wat umfasst 1650 Meter in Ost-West-Richtung und 1470 in Nord-Süd-Richtung. Der Wassergraben ist 190 Meter breit und mehr als sechs Kilometer lang. In der Tat fühlt man sich hier wie im Zentrum des Universums.
Schönheit und Mystik
Nach Angkor Wat ist der Tempel Bayon wohl der berühmteste. Über Jahrhunderte stand der Bayon mit seiner Schönheit und Pracht im Mittelpunkt des Königreiches von Angkor. Die Besonderheit von Bayon sind die vielen Gesichter auf den Türmen. Bis heute sind sich die Wissenschaftler nicht einig darüber, wer als Vorbild für die sogenannten Gesichtertürme diente. Man munkelt, dass sie dem damaligen König Jayavarman VII. ähnlich sehen, der Bayon als Staatstempel erbauen liess. Die in vier Himmelsrichtungen schauenden Gesichter symbolisieren das charmante Lächeln, das traurige Lächeln, das frohe Lächeln und das schöne Lächeln. Kein Tempel verkörpert hingegen so sehr die mystische Seite Angkors wie der Ta Prohm. Beim Betreten des Geländes verspürt man den ursprünglichen Zauber, dem die auf Mauern, die von riesigen Baumwurzeln fast ausserirdisch überwuchert sind. Und dort, wo die Würgefeigen die Wände nicht umklammern, sind zum Teil ganze Galerien in sich zusammengefallen oder Wurzeln haben das Gemäuer gesprengt. Eine stumme, aber eindrucksvolle Demonstration der Stärke und Beharrlichkeit der Natur verschlingt diese besondere Anlage.
Heute ist die Anlage von Angkor Wat nach der grausamen Periode der Roten Khmer wieder zugänglich. Und wer über den Provinzflughafen von Siem Reap anreist, begegnet Menschen aus aller Welt, die eins gemeinsam haben: das Tor der steinernen Vergangenheit zu durchschreiten, denn hier reist man durch die Landschaft wie durch die Jahrtausende.